Bericht vom Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 (Teil 2)

Beim Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 hat die Lufthansa einige Neuigkeiten bekannt gegeben. Diese betreffen nicht nur die Lufthansa, sondern auch die anderen zur Lufthansa Gruppe gehörenden (Flug)Gesellschaften. Durch die Presse ging bereits der vermeintliche Rückzug der Eurowings von der Langstrecke. Angekündigt wurden aber auch Änderungen bei der Arbeitszeit, bei Miles and More sowie bei der Premium-Economy-Class.

(Da dieser Bericht recht lang ist, haben wir ihn auf zwei Tage aufgeteilt. Der erste Teil, der sich vor allem mit dem vermeintlichen Rückzug der Eurowings von der Langstrecke beschäftigt, haben wir gestern veröffentlicht. Heute gibt es dann weitere Informationen zum Lufthansa Kapitalmarkttag 2019).

Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 (Capital Markt Day)

Mit dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 lässt die Lufthansa Gruppe wieder eine Veranstaltung aufleben, die es zuletzt 2011 gegeben hat. Hierbei informiert der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG am 17.06.2019 Investoren und Analysten über eine Weiterentwicklung seiner Strategie. Entsprechende Informationen sind im Internet eingestellt. Dort können zudem die dort gehalten Präsentationen sowie eine entsprechende Pressemeldung abgerufen werden.

Wir haben uns diese Berichte am Tag selbst angeschaut. Es gab aber einige Fragen, die wir zunächst versucht haben zu klären. Auch bemühten wir uns in Gesprächen weitere Informationen hierzu zu erhalten. Daher sind wir an dieser Stelle nicht ganz so schnell mit den entsprechenden Informationen.

Haben wir uns gestern den Aussagen zu Eurowings und Brussels Airlines gewidmet, so geht es demgegenüber um die Lufthansa an sich.

Lufthansa

Die Lufthansa strebt zudem eine Stärkung der vier Hubs Frankfurt, München, Wien und Zürich an. Hierdurch erhofft sich die Lufthansa eine bessere Bündelung der Kapazitäten und eine flexiblere Gestaltung der Kapazitäten.

Dies dürfe im Ergebnis aber auch bedeuten, dass sich die Lufthansa bei von mehreren Gesellschaften angebotenen Verbindungen nicht wechselseitig Konkurrenz machen möchte. Dies bedeutet auch, dass man dem Passagier den Umstieg auch innerhalb der Kurz- und Mittelstrecke zumutet.

Ferner hat die Lufthansa nach der im Rahmen des Lufthansa Kapitalmarkttags 2019 präsentieren Folie (S. 80) vor weitere Langstreckenflüge von Frankfurt nach München zu verlegen. Damit einher geht natürlich auch eine unterschwellige Kritik am Airport Frankfurt. Denn es heißt dort eben auch „Munich Terminal 2 Joint Ventures best practice example für airport cooperation“.

Flughafen Frankfurt
Startende Lufthansa Boeing 747-400 in Frankfurt – bald Vergangheit
(August 2009)

Ausbau der Joint Ventures nach Nordamerika und Asien

Ausgebaut werden soll dies aber auch bei den bestehenden Joint Ventures nach Asien und Nordamerika. Die existierenden Partnerschaften mit United Airlines und Air Canada in Nordamerika umfasst diese Strategie genauso wie die Partnerschaften mit ANA, Air China und Singapore Airlines auf dem asiatischen Markt. Bereits heute gehören neben Codeshare Verbindungen auch eine gemeinsame Nutzung und Partizipation an den Erträgen.

Liegt der Fokus bei ANA auf dem japanischen Markt und den Flügen in Richtung Taiwan und Korea, dürfte dieser bei Air China auf dem großen chinesischen Markt liegen. Weniger klar ist dies bei Singapore Airlines. Wir würden hier vor allem in Flüge nach Süd-Ost Asien vermuten, z.B. Indonesien, die Philippinen, Thailand. Wir würden hier weniger auf die Verbindungen nach Australien tippen, da es hierzu auch eine Codeshare Vereinbarung mit Cathay Pacific gibt. Gleichwohl dürfte auch dies eines der Ziele sein, von denen die Verstärkung der Zusammenarbeit profitieren möchte.

Auch wenn der Bericht auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 dies nicht konkret angibt, gehen wir davon aus, dass bestimmte Strecken von der Lufthansa oder den Partnern nur noch saisonal bedient werden. Hierzu könnten Flüge zwischen Deutschland und Montreal genauso gehören wie auch eine Reduktion auf Flügen nach Los Angeles.

Flotte

Nicht ganz überraschend ist die Ankündigung der Lufthansa auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 die Flotte konzernweit zu vereinheitlichen (Folie S. 73).

Kurz- und Mittelstrecke

Dies bedeutet für die auf der Kurz- und Mittelstrecke eingesetzten Narrowbodies – als solche werden Flugzeuge mit nur einem Gang bezeichnet – eine Fokussierung auf die Airbus A320 Familie. Hierzu gehören indes nach eigentlicher Lesart auch die davon abgeleiteten Typen Airbus A319 und Airbus A321, die gegenwärtig zum Konzern gehören. Aber hier will man wohl zukünftig primär die Typen Airbus A320 und Airbus Airbus A321 nutzen.

Die Konzernmutter Lufthansa hat hier eine Order von 82 Airbus A320 Neo und 46 Airbus A321 Neo offen, die ab 2020 ausgeliefert werden sollen. Angedacht ist, diese standardisiert auszustatten, so dass ein Austausch zwischen den Gesellschaften schnell und einfach möglich ist. Gleichzeitig kann man so das vorhanden Personal flexibler einsetzen und hat weniger Aufwand für (Um)Schulungen und Zertifizierungen für einzelne Flugzeugtypen. Es ist eben nicht so, dass jeder Pilot jedes Flugzeugt fliegen kann.

Langstrecke

Bei den für die Langstrecke und vereinzelt auch für die Mittelstrecke eingesetzten Widebodies – also Flugzeuge mit zwei Gängen – das Ausflotten einer ganzen Reihe von Maschinen. Hierzu gehören nach der Präsentation auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 die Typen Boeing 747-400 (LH), Boeing 777-200 (OS), Airbus A 340-600 (LH), Boeing 343-300 (LH, tw. LX), Airbus A 330-200 (LH) und Boeing 767-300 (OS).

LH Airbus A340-300
Bald nicht mehr in der Lufthansa Flotte: Airbus A340-300 – hier in Düsseldorf
(September 2016)

Damit verfügt der Konzern nur noch über die Typen Airbus A380-800 (LH), Boeing 747-8i (LH), Boeing 777-9 (LH), Boeing 777-3 (LX), Airbus A350-900 (LH) und Boeing 330-300 (LH, LX, SN). Neu zur Flotte wird der Typ Boeing 787-9 stoßen.

Da nach der obigen Ausflottung die gesamte Langstreckenflotte der Austrian wegfällt, stellt sich die Frage, welche Typen Austrian dann nutzen soll. Es ist hierbei mehr oder weniger klar, dass seitens der Lufthansa für Austrian die Boeing 787-9 favorisiert wird. Ob es für die bislang eingesetzten Boeing 777-200 einen Ersatz gibt, ist unklar. Relativ sicher ausgeschlossen werden kann, dass bei Austrian Typen von Airbus zum Einsatz kommen. Die Gesellschaft fliegt traditionell Boeing Langstreckenflugzeuge. Würde bei Austrian auch Airbus eingesetzt, liefe dies der Strategie der Kosteneinsparung zuwider, da das Know how hierfür in Wien erst einmal aufgebaut werden müsste. Zudem sind für die eher kleine Austrian zwei verschiedene Fabrikate nicht wirklich sinnvoll.

Übrigens legt die Lufthansa hierbei den Fokus im Gegensatz zu anderen Gesellschaften auf Kauf. Leasing wird dort nur als zweite Wahl angesehen. Hierbei gibt die Lufthansa allerdings an, die Typen jeweils bis zum „Lebensende“ zu nutzen. Leasing wird insofern als Option für kurzfristigen Bedarf angesehen.

Lufthansa Cargo

Last but not least ist auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 auch noch einmal bestätigt worden, was vor allem die Luftfahrtenthusiasten bedauerlich finden werden. Die einfach nur schöne und elegante MD11 wird gleichfalls zu den Typen gehören, die die Flotten verlassen werden. Ersatz gibt es durch die Frachterversion der Boeing 777.

Premium-Economy-Class

Zufrieden zeigt sich der Lufthansa Vorstand aber offenbar mit der Premium-Economy-Class. Dies ist die Kabine mit den höchsten Erlösen. Diese liegen 6% über der Business-Class und ganze 33% über der Economy-Class. Daher plant man bereits mit der Einflottung der Boeing 777-9 eine neue, verbesserte Premium-Economy-Class einführt. Diese soll der Premium-Economy-Class entsprechen, die auch die Swiss einsetzen wird.

Neue Lufthansa Premium Economy
Die neue Lufthansa Premium Economy in der Boeing 777-9 aus einer Präsentation auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019
[Corporate Foto by Lufthansa]
Die Lufthansa erhält die erste Boeing 777-9 voraussichtlich im dritten Quartal 2020, somit früher als die neue Boeing 777-3 bei der Swiss eingeflottet wird. Daher werden wir die neuen Sitze zunächst bei der Lufthansa sehen können. Übrigens soll Austrian Airlines die neue Premium-Economy-Class wohl nicht erhalten. Dies indes überrascht, da die Lufthansa Gruppe eigentlich ein einheitliches Produkt anstrebt.

Die ersten Eindrücke lassen auf einen Sitz schließen, der über eine fest Rücklehne verfügt. Daher bleibt der Abstand zum hinteren Sitz gleich. Der Monitor wird scheinbar größer. Etwas irritiert mich der Klapptisch. Das ist eigentlich eher unüblich. Aufgrund der guten Zahlen vermuten wird, dass die Premium-Economy-Class wachsen wird. Dies würde auch dem allgemeinen Trend folgen. Die bei den Kollegen von Headforpoints veröffentlichen Fotos der neuen großen World Traveller Plus im British Airways Airbus A350-1000 sind ein Indiz für diesen Trend.

Längere Arbeitszeiten

Sparmöglichkeiten sieht die Lufthansa allerdings auch beim Personal. Sowohl nach den Folien als auch einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung soll die Arbeitszeit von bislang 530 Stunden auf 750 Stunden erhöht werden. Ob dies dann aber auch genau so umgesetzt werden wird, ist unseres Erachtens zweifelhaft. Es dürfte hierbei mit erheblichem Widerstand aus den Reihen des fliegenden Personals zu rechnen sein.

Miles and More

Neben einigen interessanten Zahlen zu Miles and More auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 (Folie S. 47) kann man dort aber auch lesen “Focus on creation of synergies with airlines and generation of customer value, instead of expansion of third party and non-airline business” Interessanterweise nicht in Zusammenhang mit Miles and More (Folie S 26).

Dies lässt sowohl auf Verbesserungen hoffen, aber auch Veränderungen befürchten, die nicht ganz so der Kundenzufriedenheit dienen.

Möglicherweise werden wir daher in Zukunft weniger gute Aktionen sehen, bei denen Ihr hohe Meilenwerte durch Zeitungsabonnements oder Dienstleistungen außerhalb des Fliegens erhalten könnt. Bedeuten könnte dies auch einer Änderung bei den Werten für Punktetransfers. Wir hoffen auf eine Verbesserung der Leistungen für Vielflieger.

Allerdings sind Details auch hier noch nicht bekannt, so dass wir an dieser Stelle auch keine Panik schüren wollen.

Miles and More Karten
Miles & More Karten Basis, FTL, SEN und HON Circle
[angepasstes Corporate Foto von Miles and More]

Tarifmodelle

Gleichfalls im Rahmen des Lufthansa Kapitalmarkttags 2019 wurde eine Abkehr vom bisherigen Tarifmodell vorgestellt. Gibt es bislang die Tarife Economy Light, Economy Classic und Economy Flex, so wird dies durch einen entsprechenden Grundtarif, zu dem bestimmte Pakete dazu gebucht werden können, abgelöst.

Diese Pakete mit Namen wie Traveler Package, Efficiency Package oder auch Family Package sind Upsells zum Grundtarif. Die Präsentation lässt aber offen, was diese beinhalten. Eine konkrete Aussage war auf dem Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 hierzu nicht zu bekommen.

LSG

Es scheint klar zu sein, dass Lufthansa die Catering Tochter LSG abstoßen wird. Etwas überraschend ist hierbei, dass in der Präsentation angenommen wird, es gäbe keine hohen Synergien mit dem Hauptgeschäft gäbe. Immerhin beabsichtigt die Lufthansa das verkaufte Catering Unternehmen wieder an sich zu binden.

Fazit

Um es mit Brecht zu sagen: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

In Bezug auf Eurowings kann man sich beim Lufthansa Kapitalmarkttag 2019 des Eindrucks nicht verwehren, dass vieles nicht zu Ende gedacht ist. Der Vorstand scheint selbst noch nicht so recht zu wissen, wie er die Übertragung der Verantwortung für die Langstrecke auf die Konzernmutter organisieren soll. Andererseits ist man bemüht etwas vom lukrativen Markt der Touristik profitieren zu können. Da hier vor allem auch über den Preis verkauft wird, sind die Kosten der Lufthansa selbst zu hoch.

Hierbei berücksichtigt der Vorstand allerdings nicht, dass der Kunde auf mögliche „Mogelpackungen“ schlecht zu sprechen ist. Bereits heute sind zahlreichen Kunden die Unterschiede zwischen Codeshare Flugnummern und der ausführenden Fluggesellschaft nicht bekannt. Wie soll dieser es dann verstehen, wenn er einen regulären Flug bei der Lufthansa bucht, dieser dann aber gar nicht von der Lufthansa durchgeführt wird.

Durch die Übertragung auf die Lufthansa hat diese die Möglichkeiten, bei geringen Buchungszahlen in Premium Kabinen statt der eigenen Flugzeugte solche von Sun Express mit einer kleineren Premium Kabine und geringeren Kosten zu buchen. Der Kunde stellt dies evtl. erst am Abflugtag fest.

Hier bedarf es einer klaren und transparenten Regelung. Dabei darf aber auch das eigene vielfliegende Klientel nicht vergessen werden. Eine weitere Beschneidung von Leistungen im Vielfliegerprogramm für Flüge mit Eurowings darf es hierbei nicht geben. Schon gar nicht, wenn dieser nicht beeinflussen kann, mit welcher Gesellschaft er fliegt.

Auch die möglichen Änderungen bei Miles and More könnten nicht so positiv ausfallen – aus Sicht des Meilensammlers. Wir hoffen, dass zumindest der Vielflieger profitiert.

Die Veränderungen bei der Arbeitszeit dürften noch für Gesprächsstoff sorgen. Die Gewerkschaften sind vermutlich wenig begeistert und Streik ist nicht unwahrscheinlich. Positiv dagegen die klare Bekenntnis zur Premium-Economy-Class. Alles andere wäre bei den Zahlen indes auch überraschend. Die Premium-Economy dürfte vermutlich nicht nur aufgewertet, sondern auch vergrößert werden.

 

 

Über Jan 1411 Artikel
Jan reist seit 20 Jahren und hat es gelernt, diese Reise so angenehm wie möglich zu gestalten. Die häufigen Fragen von Kollegen, Freunden und Bekannten führten zu den Gründungen von Reisenunlimited und Hotels-and-Travel.

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