Unser Autor Jan war im Rahmen einer Asienreise vom 20.08.2019 bis 22.08.2019 in Hong Kong. Mit Blick auf die dortigen Proteste schildert er im Bericht seine Erfahrungen anlässlich dieses zweitägigen Besuches in Hong Kong im August 2019.
Die Erfahrungen sind natürlich rein subjektiv. Er möchte sich nicht anmaßen, eine Reiseempfehlung auszusprechen. Vielmehr möchte er seine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke schildern. Wie hat er sich vorbereitet und welche Vorkehrungen hat er getroffen. Aber er fragt sich natürlich auch, sollte man Hong Kong jetzt besuchen? Oder die gebuchte Reise doch lieber absagen? Eine generelle Reisewarnung gibt es übrigens nicht. Geschrieben übrigens auf dem Flug nach Kuala Lumpur …
Planung
Geplant und gebucht war die Reise Anfang Juni. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht abzusehen, dass die Proteste in Hong Kong im August 2019 zur Besetzung des Flughafens führen würde.
Zwar machten es bereits die Proteste im Juni 2019 in die europäischen Medien. Aber es waren mitunter eher kleine Meldungen. Brexit und nationale Querelen überwogen naturgemäß.
Ein Land – zwei System
Was aber sind die Auslöser dieser Proteste. Die europäischen Medien berichten hierüber primär in Zusammenhang mit den Gesetzesänderungen. Dieser Gesetzentwurf über Rechtshilfe in Strafsachen ermöglicht eine Auslieferung von Bürgern Hong Kongs, aber auch sich dort aufhaltende Ausländer, für bestimmte Straftaten nach China.
Hierzu muss man sich bewusst machen, dass nach der Übergabe der britischen Kronkolonie am 01.07.1997 für 50 Jahre das System ein Land zwei System galt. Demnach erhielt Hong Kong u.a. in Bezug auf Presse- und Meinungsfreiheit eine Sonderrolle. Auch wurde das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit hier gewährt. Ein Punkt, der nicht nur für Firmen, die Hong Kong als Standort für Geschäfte im asiatischen Markt nutzten, sondern auch für die Einwohner von Hong Kong eine wesentliche Rolle spielte. Mit der Gesetzesinitiative wäre es theoretisch wohl möglich, auch bei in China verfolgter Vergehen in Zusammenhang mit Meinungsfreiheit und kritischer Berichterstattung ausgeliefert zu werden.
In den letzten Jahren hat China bereits mehrfach versucht diese 1997 gegebenen Garantien aufzuweichen. In der Folge kam es immer wieder zu Protesten. Dies führte auch dazu, dass einige Menschenrechtsorganisationen Ihre Büros in Hong Kong zugunsten anderer asiatischer Länder aufgaben. Die Gesetzesinitiative ist jedoch die wohl einschneidendste Maßnahme. Sie wurde bereits im Februar 2019 vorgeschlagen.
Was indes nicht übersehen werden darf. Die Regierungschefin Carrie Lam (vollständig Carrie Lam Cheng Yuet-ngor) brachte mit der geplanten Gesetzesänderung und ihrem undiplomatischen Auftreten jedoch nur den aufgestauten Frust vor allem unter der jüngeren Bevölkerung zum Überlaufen.
Jugend ist frustriert
Hierzu muss man wissen, dass ein Leben in Hong Kong insbesondere für die Jugend, die nicht aus der besser situierten Mittel- oder Oberschicht kommen, nicht einfach ist. Die Mieten sind hoch und es ist schwierig als Berufsanfänger eine halbwegs bezahlbare Wohnung zu finden. So sehen sich viele jüngere Leute nach dem Abschluss an den Universitäten, selbst wenn sie gut ausgebildet, enormen finanziellen Herausforderungen gegenüberstehend. Ein Weggang kommt aber auch für sie nicht immer in Frage.
Der solchermaßen aufgestaute Frust durch einen überhitzten Immobilienmarkt, hohe Lebenshaltungskosten und die stetige Einflussnahme Chinas brachte das mit dem äußerst ungeschickten Auftreten von Carrie Lam das Fass zum Überlaufen.
Ich kann und will hier keine politische Zusammenfassung der Entwicklung geben. Zum Verständnis ist meines Erachtens aber eine grobe Information über den Hintergrund hilfreich.
Information
Ich habe Hong Kong seit 1996 regelmäßig besucht und den Wandelt der Stadt von der britischen Kronkolonie in die chinesische Sonderverwaltungszone begleitet. Einige Freundschaften sind in dieser Zeit entstanden und über die Zeit gewachsen. Auch wenn ich viele meine Freunde in Hong Kong als zu einer privilegierten Klasse zählend ansehen würde, diese sind natürlich näher am Puls Hong Kong als ich das je sein werde.
Trotzdem möchte ich mir nicht anmaßen ein Kenner dieser Stadt und Ihrer Politik zu sein. Daher will ich an dieser Stelle auch keine politische Diskussion anfangen. Ich verfolge aber die Nachrichten aus Asien traditionell sehr aufmerksam. Und ich tue dies nicht über die europäischen Medien, sondern durch eine Mischung aus der internationalen Presse aus Europa und Asien.
Insoweit kann ich Euch bei Interesse nur empfehlen, die guten asiatische Berichterstattung der „Neuen Zürcher Zeitung“, der „Le Monde diplomatique“ zu verfolgen. Wenn Ihr Empfehlungen habt, lasst mich dies über die Kommentare wissen. In Asien sind es Zeitungen wie „Straits Times“ aus Singapore und der „South China Morning Post“. Diese sind tw. auch online oder über die Pressreader App zu lesen.
Ich empfinde die deutsche Berichterstattung über Asien leider häufig sehr einseitig und übertreibend.
Gleichwohl abonniere ich natürlich auch die Reisewarnungen bzw. Länderinformationen des Auswärtigen Amtes. Und das Update derselbigen kam über Hong Kong im August 2019 fast täglich, mitunter sogar mehrfach.
aktuelle Entwicklung und Maßnahme
Natürlich die Nachricht von der Besetzung des Flughafens von Hong Kong im August 2019 auch mich aufgeschreckt.
Indes wäre ich wohl an beiden Tagen sowohl bei Hin- wie auch Rückflug nicht betroffen gewesen. Sowohl der Flug nach Hong Kong als auch der Flug von Hong Kong flogen an beiden Tagen planmäßig. Die Besetzung erfolgte erst nachmittags. Zudem wäre eine Ausreise per Fähre über Macau wohl möglich gewesen.
Blieb das Problem tw. gesperrter Bahnhöfe der MRT sowie eines eingeschränkten Betriebes des Hong Kong Airport Express. Ich hatte bei diesem Aufenthalt zu einem Hotel auf Hong Kong Island tendiert. Reserviert waren flexibel das relativ neue Marriott Oceanpark und das Conrad Hong Kong. Ich wollte mir beiden Optionen offen halten. Beide Hotels waren in den Tagen indirekt betroffen. Die Zufahrten via Taxi oder MRT waren nicht immer möglich. Hierbei war das Conrad stärker betroffen, als das Marriott Oceanpark. Indes sind viele Regierungseinrichtungen auf Hong Kong Island, darunter auch das oberste Gericht. Dies führte zu tw. Sperrungen der U-Bahn Station „Admirality“ und auch „Causeway Bay“.
Mit Blick hierauf habe ich dann das Marriott Skycity am Flughafen gebucht. Der Umstand, dass von dort eine Fahrt nach Kowloon oder Hong Kong Island problemlos möglich ist machte mir diese Wahl recht leicht.
Weiterhin – aber dies unabhängig von Situationen wie in Hong Kong im August 2019– abonniere ich die kostenpflichtigen Informationsdienste von Flightstats, Tripit und auch Flightaware. Und dies auch für die Flüge nach Hong Kong. So erfahre ich bereits, wenn der Flug nach Hong Kong nicht fliegt und kann entsprechend reagieren.
Außerdem war ich dank GlocalMe auch in Hong Kong im August 2019 ständig online und verfolgte die Medienberichte.
Hong Kong
Anreise
Der Flug nach Hong Kong im August 2019 war mit Singapore Airlines von Singapore gebucht. Auffallend war hier die ausgesprochen leere Business-Class. Die Flugbegleiter berichteten von signifikant weniger Passagieren auf der Strecke nach Hong Kong. Dies geht einher mit entsprechenden Kapazitätsreduktionen anderer australasiatischer Airlines. So kündigte auch Qantas CEO Alan Joyce bei Bloomberg eine Reduktion der Kapazitäten nach Hong Kong im August 2019 und darüber hinaus an.
Am Flughafen waren bei der Einreise keine besonderen Maßnahmen feststellbar. Weniger Einreiseschalter waren geöffnet, aber es war insgesamt auch weniger los. Die automatische Einreise via e-channel funktionierte indes problemlos.
Im Terminal selbst nach der Einreise war lediglich festzustellen, dass auch hier wenig los war. Wo normalerweise ein geschäftliches Treiben herrscht, war es jetzt leer und ruhig. Aber die Schalter der Hotels am Flughafen waren genauso besetzt wie der Zutritt zum Airport Express möglich war. Dieser allerdings fuhr mit einem etwas reduzierten Fahrplan.
Lantau
Nach der Ankunft (und einiger zu erledigender Dinge in Sachen Reisenunlimited) habe ich das trockene Wetter für einen Besuch in Tung Chung und auf Lantau genutzt. Wer zum Buddha hätte fahren wollen, konnte dies ohne Wartezeiten tun. Proteste hat es hier übrigens in den vergangenen Tagen keine gegeben. Indes war auch dieser Ort durch die eingestellte MRT etwas betroffen. Ansonsten war hier von den Protesten in Hong Kong im August 2019 nicht viel zu spüren.
Hong Kong Island
Am 21.08.2019 bin ich dann morgens gegen 09:00 Uhr nach Hong Kong Island gefahren. Dies war problemlos möglich. Die Gegend um Central war an diesem Morgen recht leer. Auch wenn dies eher auf die ruhigere Sommerzeit zurückzuführen ist. Die Star Ferry fuhr ohne Einschränkungen zwischen Hong Kong Island und Kowloon.
Die Fahrt auf den Peak via Bus #15 verlief problemlos und unbeeinträchtigt. Wartezeit gab es weder bei der Hinfahrt noch bei der Rückfahrt. Hätte ich die Standseilbahn genutzt, wäre dies gleichfalls nicht mit Wartezeiten verbunden gewesen.
Der Peak war gleichfalls bislang nicht Ziel der Demonstrationen in Hong Kong im August 2019. Indes wärt Ihr sowohl bei Nutzung des Buses als auch der Standseilbahn von Straßensperrungen betroffen gewesen.
An offiziellen Gebäuden in Central waren allerdings mehr Sicherheitskräfte als sonst feststellbar.
Kowloon
Die Uferpromenade in Kowloon war an diesem Morgen gleichfalls eher leer. Sicherlich, es war früh am Morgen, aber so leer habe ich es dort um diese Zeit auch im August schon lange nicht mehr erlebt. Allerdings war ich nicht der einzige Europäer dort.
Der Bummel über die Nathan Road ist mir eigentlich meist ein Graus. Die ständigen Offerten von Anzügen über gefälschte Rolex bis zu „Ladys“ nerven mich auch nach 20 Jahren noch immer. An diesem Tag war auch dies weniger. Und selbst wenn nachmittags deutlich mehr los war, die Ansprachen waren seltener.
Auch ein Bummel durch die Gegend um die MRT Stationen Mongkok und Prince Edwards verliefen von Protesten ungestört. Indes wurde ich hier etwas aufmerksamer. Da wir mittlerweile 16:00 Uhr hatten, näherte sich die Zeit, an der mit spontanen Protesten – oft als Flash Mob – zu rechnen war. Die Proteste in Hong Kong im August 2019 haben – mit Ausnahme der Wochenenden und einiger anderer Tage – meist am frühen Nachmittag bzw. Abend begonnen.
Insoweit solltet Ihr Euren gesunden Menschenverstand einschalten. Wenn plötzlich zahlreiche Menschen mit schwarzem T-Shirt auftauchen, dann solltet Ihr eher in die entgegengesetzte Richtung gehen. Als relativ sichere Ort sind hierbei noch die großen Shopping-Malls und Geschäfte dort zu sehen. Aber auch diese waren bereits Ort von Protesten. Sicher sind gleichfalls tendenziell Hotellobbys internationaler Hotels. Und Ihr solltet weder schwarze noch weiße Kleidungsstücke tragen.
Abreise
Bei dieser Reise nach Hong Kong im August 2019 wären beide ursprünglich geplanten Hotels problemlos erreichbar gewesen. Notwendig war die Vorsichtsmaßnahme der Übernachtung in Flughafennähe meinerseits somit wohl nichts gewesen.
Am Terminal ist es erforderlich, dass Ihr Euren Reisepass sowie den Boarding Pass vorzeigt. Dies reicht als PDF auf dem Smartphone. Die Wartezeiten waren allerdings am Vormittag des 22.08.2019 kurz. So konnte ich das Terminal nach nur wenige Sekunden betreten.
Eine ähnliche Kontrolle gibt es auch beim Verlassen des Bahnhofs des Airport Express am Flughafen. Diese hat den Vorteil, dass diese bereits im klimatisierten Terminal stattfindet. Genauer gesagt auf den Übergängen zum Check-In Bereich.
Das war es dann aber auch schon mit den besonderen Maßnahmen. Sowohl die Sicherheitskontrolle wie auch die Ausreise aus Hong Kong verliefen normal und ohne besondere Vorkommnisse.
Der Check-In am Bahnhof in der Innenstadt wäre übrigens wieder möglich gewesen.
Besuch in Hong Kong jetzt?
Sollte man Hong Kong im August 2019 besuchen oder einen geplanten Besuch zu einem späteren Zeitpunkt lieber absagen?
Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber ich sehen eigentlichen keinen Grund der Stadt fernzubleiben. Mit gesundem Menschverstand und der Vermeidung von Menschenaufläufen solltet man auf der sicheren Seite sein. Zudem ist nach meinem Empfinden erst am frühen Abend mit flashmobartigen Protesten zu rechnen.
Hierbei sind die Ziele aber nicht mehr so sehr auf den touristischen Zielen. Ausschreitungen gab es z.B. am 21.08.2019 in Yuen Long, eine Station in den New Territories, bei der es keine wirklichen touristischen Ziele gibt. Meiden sollte man vor allem am Wochenende und abends die Gegend um Causeway Bay (Victoria Park) und auch den Kowloon Park. In Central solltet Ihr schauen, wie die Situation gerade ist. Gegenwärtig würde ich bis zum frühen Nachmittag dort keinerlei Probleme sehen. Das kann sich aber natürlich auch schnell ändern.
Leider werden allerdings auch hier die friedlichen Demonstrationen durch Störer aufgeheizt. Das dies der Sache nicht dient wissen auch die Organisatoren der friedlichen Demonstrationen in Hong Kong im August 2019.
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